Sammelsurium

Gespräche in der realen, virtuellen, imaginären Welt mit Erwachsenen, Kindern und anderen Wesen.

Nett


„Was murmeln Sie eigentlich die ganze Zeit vor sich hin? Sprechen Sie mit der Kaffeemaschine? Oder gar mit sich selbst?“

„Ich murmle nicht. Ich führe ein interessantes Gespräch.“

„Mit sich selbst? Sie werden alt, Frau Müller.“

„Nun, da die Beziehung mit einem selber die Grundlage für alle anderen Beziehungen ist, kann man schon, in Ermangelung eines kompetenten Gegenübers, ab und an mit sich selbst tiefgründige Gespräche führen. Es erheitert und nährt die Seele.“

„Das war jetzt nicht nett, Frau Müller. Das mit der Ermangelung. Das trifft mich tief.“

„Nett? Ich bin niemals nett. Allein diesen Begriff als ein Attribut meiner Persönlichkeit auch nur anzudenken, disqualifiziert Sie als kompetentes Gegenüber. Nett ist vielleicht der Hausmeister, wenn er die Glühbirne für mich im Flur eindreht. Obwohl das auch da nicht passt, denn es gehört ja zu seinem Job. Nett. Igggiiittt. Das fällt so in die Kategorie Er-hat-sich-stets-bemüht. Nett ist Mittelmäßigkeit pur. Ich will nicht nett sein.“

„Ist ja gut. Ich habe es verstanden. Kann ich jetzt endlich meinen Kaffee bekommen?“

„Gleich, ich muss erst noch das Gespräch zu Ende führen, das Sie ja gerade willkürlich unterbrochen haben. Es wäre unfreundlich so mitten drin einfach aufzuhören. Also gedulden Sie sich bitte noch einen Moment. Sie könnten ja in der Zwischenzeit schon den Toaster anwerfen. Das wäre nett.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen