Sammelsurium

Gespräche in der realen, virtuellen, imaginären Welt mit Erwachsenen, Kindern und anderen Wesen.

Gewichtiges


"Ich bin total erkältet. Zum zweiten Mal hintereinander. Hatte die Nacht über Fieber und fühle mich wie unter Wasser, alles gedämpft und wattig."

"Frau Müller, die Welt brennt und Sie jammern öffentlich rum wegen ein bissl Schnupfen?!"

"Ja, es sind oft die kleinen Dinge, die zwickenden, individuellen Befindlichkeitsstörungen, die schon so manchen Krieg entfesselt und manche tödliche politische Entscheidung beeinflusst haben. Es ging nur nicht in die Geschichtsschreibung ein. Das wäre einfach zu menschelnd banal."

"Sie haben einen Knall, Frau Müller."

"Ne, eine Erkältung."

Abgenervt


"Wie sind Sie denn heute drauf, Frau Müller?!"

"Unfair, ungerecht, gereizt, abgenervt, zynisch, ... ... ."

"Okay, okay, ich habe es verstanden."

"Verstanden? Sie habe gar nichts verstanden! Denn wenn auch nur ein Hauch von Verständnis durch Ihren alten Kopf flüstern würde, dann wäre meine Kaffeetasse schon voll, das Brötchen geschmiert, der Einkaufszettel vollständig und! Sie würden nicht so dämliche Fragen stellen!"

"Möchten Madame vielleicht, dass ich ihr Brötchen mit Ehrerbietung vorher einspeichle?"

"Sie spielen gerade mit Ihrer körperlichen Unversehrtheit, Sir! Ich höre das hauchdünne Eis unter Ihren Füßen schon vorfreudig knistern."

Babypause


„Wo ist eigentlich die junge Frau, die immer so freundlich beim Bäcker bediente?“
„Die macht Babypause.“
„Baby was?“
„Babypause.“
„Sie wissen schon, was eine Pause ist, oder?“
„Natürlich.“
„Und das bringen Sie tatsächlich in einen sprachlichen Zusammenhang mit der Versorgung eines Babys?“
„Ähm.“
„Genau. Sie hatten wohl damals sehr wenig damit zu tun.“
„Ich war ein toller Vater, Frau Müller!“
„Jupp, in den Pausen nehme ich an.“



Pause: Unterbrechung einer Tätigkeit. Synonyme -> Ruhezeit, Unterbrechung, Rast
Sprache macht etwas mit unserem Bild von Welt.

Deswegen


„Wie kann man denn über so banale Dinge schreiben, wie den ersten Schnee, das Zahnen des Kleinkindes, die Freude über eine Postkarte, den Genuss des ersten Schluckes Kaffee in frühen Morgenstunden, das Plappern der Spatzen im Vogelhaus und ähnliche Dinge, wenn da draußen Kriege toben, Menschen verhungern, ersaufen, niedergemetzelt werden,  unter bestialischen Arbeitsbedingungen schuften, an Einsamkeit sterben?“

„Deswegen, genau deswegen. Ressourcen schaffen, aufladen. Es sind die vorgeblich kleinen Dinge, die uns nähren um der äußeren Kälte zu trotzen. Die täglichen Freuden, die Zärtlichkeiten in unserem Blick auf Welt, der liebevolle und liebende Umgang mit uns und all den Facetten unserer realen, hautnahen Umwelt sind das Bollwerk gegen all den Hass, den Schmerz, die Verzweiflung. Wie sonst sollte Hoffnung überleben und weiter getragen werden?“