Sammelsurium

Gespräche in der realen, virtuellen, imaginären Welt mit Erwachsenen, Kindern und anderen Wesen.


"Es ist so mutig, dass sich so viele Menschen, auch Promis, gegen die Hetze und Brandstifterei der AfD wenden!“

"Mutig? In der BRD? Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein!"

"Aber diese Menschen riskieren doch was!"

"Was denn? Ein bisschen Unbequemlichkeit? Einen kleinen Shitstorm? Ein paar Wählerstimmen? Den Unmut einiger Bekannten oder Fans?"

"Immerhin!"

"Nein, hier, in meinem Land, Haltung zu beziehen ist nicht mutig, sondern die Pflicht und das Recht eines Bürgers in einer Demokratie. Mutig ist es in einem Land Position zu beziehen, indem du für jedes kritische Wort um dein Leben fürchten musst. Mutig ist es, auf die Straße zu gehen, obwohl du weißt, dass du dort zusammengeschlagen und im Gefängnis landen könntest. Mutig ist es, wenn du deine Stimme erhebst, obwohl du weißt, dass du damit nicht nur dich selbst, sondern auch deine Familie lebensbedrohlich gefährdest. Mutig in Deutschland, weil man sich gegen ein Wiedererstarken von dumpf aggressivem Nationalismus und Rechtsextremismus wehrt? Komm mir nur nicht mit diesem Scheiß!"


„Spielen, Oma?“
„Nein.“
„Bütteeee!“
„Ist mir zu heiß.“
„Ich will aber!“
„Dann spiel doch. Ich will nicht.“
„Du bist gemein.“
„Okay.“
„Dann lieb ich dich jetzt nicht mehr!“
„Mach mal. Ich lieb dich.“
„Wenn ich dich nicht liebe, dann kannst du mich auch nicht lieben.“
„Doch, kann ich.“
„Das ist doch blöd!“
„Was?“
„Wenn ich dich liebe, dann liebst du mich. Wenn ich dich nicht liebe, dann liebst du mich auch.“
„Ja.“
„Richtig, richtig blöd!“
„Ne, das ist Liebe. Ist einfach so.“

KleinMadame grummelnd in der Ecke. War gespannt, was sie daraus machen würde.

Nächster Tag:

„Mein Bruder ist so anstrengend, Oma. Er macht mir als meine Sachen kaputt. Ich habe ihn dann halt nicht mehr lieb. Und manchmal muss ich ihn dann schubsen!“
„Ach?“
„Macht aber nix. Er liebt mich trotzdem.“
„Ja?“
„Und dann habe ich ihn auch wieder lieb. Weil er mich eben trotzdem lieb hat. Und er ist so süß, wenn ich ihn dann kuschele. Die Mama sagt, das sei normal, dass man sich streitet und doch liebt. Und die Mama hat immer recht, auch wenn sie nicht recht hat.“
„Wie kommst du denn darauf, dass sie immer recht hat?“
„Na, weil sie doch die Mama ist!“
„Mamas können sich auch irren, Kind.“
„Ich lieb sie aber trotzdem!“

Welch zorniger Blick.
Sie ist auf dem richtigen Weg. Eindeutig. 


„Sie sind doch eine Linke, Frau Müller!“

„Und Sie sollten endlich mal an der schon seit langem anstehenden Fortbildung teilnehmen. Käme gut.“

„Häh, welche Fortbildung denn?“

„Wie sortiere ich kompetent und zügig meine Ablage jenseits des alten Schubladensystems.“


„Das ist ein Schutzstein. Den trage ich immer in meiner Jackentasche.“

„Wie überraschend, Frau Müller. Ich wusste gar nicht, dass Sie auch eine esoterische Seite haben und mit Steinen arbeiten. Sehr schön!“

„Klaro, ich bin da ausgesprochen flexibel. Ich trage den bei mir, damit ich mit ihm, falls ich mich bedroht fühle, laut `Feuer, Feuer´ schreiend, die nächste Fensterscheibe einwerfen kann. Die Chance, dass dann jemand zur Hilfe herbeieilt, vervielfacht sich dadurch erheblich.“

„Oh, aber ich dachte.“

„Außerdem erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit, dass der/die vermutlichen Täter irritiert werden und zumindest kurz innehalten. Das gibt mir die Zeit, den Umständen entsprechend zu agieren.“

„Ähm, ich dachte, wir sprechen hier über Heilsteine.“

„Rauchquarz, leicht angeschliffen, mit scharfen Kanten. Schutzstein. Sonnenaufgeladen. Sagte ich doch. Präventionsmagie.“  


„Kommst du mit zur Klimademo?“

„Du weißt, dass ich von dem Klimakrisegedöns nicht viel halte.“

„Komm doch mit. Vielleicht lernst du was Neues.“

„Ne, lass mal. Ist auch viel zu heiß. Vierzig Grad. Tut mir nicht gut.“

„Ach?!“


„Überlebt!“

„Jetzt machen Sie mal nicht so einen Wind, Frau Müller!“

„Wind wäre gut jetzt und endlich Regen bitte!“

„Kommt schon noch.“

„Ich weiß nicht, ich weiß nicht. In der Nacht zeigte der Regenradar breite und dunkelblaue Flächen für heute und morgen. Jetzt sind da nur noch blassbläuliche Tüpfelchen zu sehen.“

„Optimismus!“

„Nun, mein positives Denken wurde heute Morgen schon schwer enttäuscht.“

Sie Arme, wer hat Sie denn so früh schon desillusioniert?“

„Sie! Die ganze Nacht tigerte ich durch die Wohnung. Überhitzt, schlaflos! Und was machten Sie? Sie schnarchten! Seit vier Uhr warte ich jetzt aufs gemachte Frühstück, aber Sie, Sie mussten ja erst ausgiebig duschen, um mir dann, ohne ein deutlich sichtbar schlechtes Gewissen, rüde mitzuteilen, die Kaffeesahne sei alle. Es trifft mich, es trifft mich wirklich tief.“

„Oh jeh, ich sehe schon, das wird ein schwieriger Tag für mich.“

„Tag? Woche! Mindestens. Aber sowas von!“